Baloo
Kurz & bündig
Montag, 23.1.23 - Chefchaouen
Der Tag beginnt mit einem „Notfall“ zu Hause. Mit Hilfe des Nachbarn und via Handy können wir aber alles regeln und die Aufregung legt sich dann bald.
Wir wechseln noch ein paar Worte mit dem Franzosen, der auch hier übernachtet hat und mit seiner Familie ein ganzes Jahr lang unterwegs ist. Die drei Kinder werden jeweils am Morgen während 2- 3 Stunden unterrichtet.
Es führt eine gut ausgebaute Strasse mit vielen Laternen nach Chefchaouen, was soviel bedeutet wie „Schau dir die Hörner an“. Die Stadt liegt im Rifgebierge und ist nach den Doppelgipfeln des „Djabal Keela“ und des „Djabal Meggou“ benannt, die über der Stadt thronen und sie einrahmen.
Die Stadt ist bekannt für ihre blauen Häuser. Ein Parkwächter möchte uns auf einen Parkplatz lotsen, führt uns aber durch immer enger werdende Strassen, bis es uns zu bunt wird und wir ihm eine Abfuhr erteilen. Erich hatte bereits im Navi einen anderen bewachten Parkplatz eingegeben, der gleich bei der Hauptstrasse liegt. Dort können wir für 20 Dirham (2 Franken) stehen. Unser erster Parkwächter ist uns nachgerannt und möchte uns gerne die Stadt zeigen. Wir lehnen wieder ab und schon steht der nächste „Guide“ da, doch auch ihm sagen wir ab.
Wir stechen in eine kleine Gasse, die uns in die Medina bringt. Und tatsächlich, alles ist blau in dieser Stadt in allen möglichen Blautönen! Wir werden von verschiedenen Verkäufern angesprochen und einer lädt uns in seinen Laden ein und bietet uns an auf sein Dach zu gehen, um Fotos zu machen, natürlich „for free“. Er lässt uns alleine drei Stockwerke hochgehen und seine Terrasse betreten. Nach eine paar Fotos gehen wir wieder hinunter und tatsächlich fragt uns der Mann nur, ob wir nichts im Laden gesehen hätten, das uns gefallen hat. Als wir verneinen, wünscht er uns einen schönen Tag. Vor dem Platz „Outa El Hammam“ steht das einzige grüne Haus in der Stadt. Grün für die Hoffnung. Ein anderer Händler erzählt uns, dass hier, zur „Al-Quadirya Zaouia“, die Frauen herkommen, die keine Kinder bekommen können und Opfergaben darbringen. Auch dieser Händler lädt uns auf sein Dach ein. Von hier ist der Blick auf die blaue Stadt noch schöner. Auch er nimmt es uns nicht übel, dass wir nichts bei ihm kaufen.
Wir essen draussen mit Sicht auf die blaue Stadt zu Mittag, streifen danach an der „Kasbah“ (Festung) vorbei durch die engen Gassen der Stadt bis zum Wochenmarkt. Die Fischverkäufer sind in einer Halle untergebracht, vermutlich weil es dort im Sommer kühler ist. Heute messen wir etwa 15 Grad.
Nach der eindrücklichen Stadtbesichtigung fahren wir weiter in den Süden. Dieses Gebiet ist nicht so stark besiedelt, die Strassen werden schlechter und die Behausungen ärmlicher. Bei den vielen Schlaglöchern lassen wir etwas Luft aus unseren Reifen ab. Wir schaffen es bei Tageslicht nicht ganz zu unserem Ziel, finden aber einen guten Platz zum Stehen, wo sich bereits einige Marokkaner um ein Lagerfeuer scharen und uns freundlich begrüssen. Die Polizei kommt auch vorbei und möchte unsere Pässe sehen. „Excusez- nous, mais c’est pour votre securité.“
Während wir im warmen Baloo sitzen, fragen wir uns, wie lange die Marokkaner draussen wohl noch Party machen.
Dienstag, 24.1.23 – holprige Strasse
Etwa um Mitternacht ist Ruhe eingekehrt und wir schlafen aus. Gegen Mittag verlassen wir den Platz. Auf der Strasse unten wartet der Polizist von gestern in seinem Auto und fragt, ob alles in Ordnung sei. Als wir bejahen, wünscht er uns eine gute Reise und wir verabschieden uns. Ob er sich wohl für uns verantwortlich gefühlt hat?
Wir fahren auf der löchrigen Strasse weiter, fahren an einem grossen Stausee vorbei durch fruchtbares Gebiet mit viel Landwirtschaft. Hier wird noch mit Esel und Pflug gepflügt, wir sehen nur wenige Traktoren. Wir schaffen gerade mal 20 Kilometer in einer Stunde. So kommen wir nicht weit. Beim Mittagshalt konsultieren wir die Karte und suchen eine grössere Strasse. Nach Ourtzagh wird die Strasse besser und führt uns in eineinhalb Stunden nach Fès, wo der angepeilte Parkplatz nicht mehr existiert. Was nun? Wir halten kurz an und sind gleich umringt mit Leuten, die helfen wollen.
Wir finden dann einen privaten Parkplatz gleich neben dem Krankenhaus. Der Besitzer spricht kein Französisch und die Preisverhandlung gestaltet sich etwas schwierig. Plötzlich steht da „Zaki“ und hilft uns mit Übersetzten. Er ist Marokkaner und spricht perfekt Deutsch. Gleichzeitig, welch Zufall, ist er auch Fremdenführer. Er versteht sich aber eher als Kulturvermittler. Als wir mit dem Parkplatzwächter übereingekommen sind, vereinbaren wir mit Zakarias morgen eine Führung zu machen. Die Medina von Fès ist 14km2 gross und hat über 9‘000 Gassen (wo nicht überall GPS Empfang ist), da erscheint es uns sinnvoll, jemanden dabei zu haben, der sich auskennt. Er rät uns auch davon ab, heute bei Dunkelheit in die Medina zu gehen, da die Gefahr sich zu verirren, gross sei. Stattdessen sollen wir in den botanischen Garten gehen und den Königspalast von aussen ansehen. Er gibt uns auch einen Tipp, wo man den Sonnenuntergang ansehen kann aber das konnten wir uns leider nicht merken. Bei Sonnenschein sind wir im botanischen Garten und suchen dann den Königspalast. Wir gehen durch den Souk ins Jüdische Viertel, sehen das Wasserrad und nur ein unscheinbares Eingangstor zum Palast, das man nicht fotografieren darf. Wir irren etwas umher und beschliessen dann zum Womo zurückzugehen, da es mittlerweile auch kalt geworden ist.
Mittwoch, 25.1.23 – Fès – in der Medina
Es war in der Nacht erstaunlich ruhig an unserem Platz. Um 9.30 Uhr holt uns „Zaki“ ab und lädt uns zuerst einmal beim blauen Tor zu einem Tee ein. Wir warten auf eine andere Führerin, die uns mit zwei Polinnen begleitet.
Um diese Zeit ist die Medina noch nicht so bevölkert und wir gehen zuerst der Hauptstrasse entlang und zweigen dann in kleine und enge Gässchen ab. Wir können den Innenhof eines „Riad“ (Wohnhaus oder Hotel) anschauen, passieren mehrere Koranschulen, wo die Kinder von zwei bis sechs Jahren den Koran auswendig lernen. Dieser Unterricht ist obligatorisch, im Gegensatz zur Schule, die danach kommt und bis 12 jährige nichts kostet. Viele Kinder erlernen einfach den Beruf des Vaters, ohne grosse Schulbildung. Wir können eine Schule und Wohnstätte für Studenten des Islam anschauen, die jetzt ein Museum ist. In Fès gibt es auch die grösste und älteste Universität, die von einer ausländischen Frau gegründet wurde, aber es dürfen bis heute nur die Männer studieren.
Die Medina (Innenstadt, Altstadt) ist nach den verschiedenen Handwerken gruppiert: Eisen- und Kupferhändler, Wollverarbeitung, inklusive Färben, Orte, wo man alles für die Hochzeit kaufen oder mieten kann und das Lederviertel mit der Gerberei, wo wir von oben auf die verschiedenen Verarbeitungsverfahren des Leders schauen können. Da es hier etwas streng riecht, haben wir einen Pfefferminzzweig erhalten, um daran zu riechen. Es ist hier alles noch Handarbeit und das Leder wird noch wie vor 200 Jahren gegerbt.
Natürlich werden uns auch die Erzeugnisse gezeigt aber es wird akzeptiert, dass wir nichts kaufen.
Dann führt uns „Zaki“ zu einem Decken und Teppichhändler. Hier bekommen wir einen Tee, während Decken und Teppiche vor uns ausgebreitet werden. Wirklich schöne und qualitativ gute Berberteppiche, aber wir wollen nichts kaufen und verlassen mit etwas angekratztem Gewissen den Laden wieder.
Als letztes geht es noch in eine Naturapotheke, wo uns wieder das Sortiment gezeigt wird. Hier kann man sich sogar ein individuelles Parfüm mischen lassen. Wir finden eine Gesichtsmaske als Mitbringsel, nehmen das Gewürz „Ras-el-Hanout“ und ein Massageöl. Der Besitzer ist noch nicht ganz zufrieden und schwatzt uns noch einen Tee auf. Beim Bezahlen kippen wir dann fast aus den Schuhen. Feilschen liegt nicht drin, es seien Festpreise. „Zaki“ meint, dass das alles sehr hochwertige Produkte seien und seinen Preis haben. Wir schreiben wieder einmal etwas als Entwicklungshilfe ab.
Zurück beim blauen Tor verabschieden wir uns von unserem Führer und essen an der inzwischen sehr belebten Gasse ein für uns spätes Mittagessen. Die Gassen von Fès sind definitiv nichts für Leute mit Platzangst und fehlendem Orientierungssinn! Auch wenn wir lieber alleine durch die Gassen schlendern: in einer solchen Stadt kann man sich schwer verlaufen und die eigentlichen Sehenswürdigkeiten verpassen. Daher fanden wir die Investition in unseren „Kulturvermittler“ gut angelegt.
Wir fahren bei dichtem Verkehr aus Fès heraus, passieren wieder etliche Polizeikontrollen, bei denen wir als Touristen durchgewunken werden und kommen ins mittlere Atlasgebirge, wo es heute ein schäumchen Schnee gegeben hat, an einen ausgetrockneten See bis nach Dayat Auoa auf 1471 müM.
Donnerstag, 26.1.23 – Ifrane – St. Moritz von Marokko
In der Nacht war es minus 4 Grad und die Landschaft um uns ist gefroren, karg und steinig, mit weitläufigem Blick.
Nach dem Mittag fahren wir auf einer guten Strasse nach Ifrane, der Schweiz von Marokko oder auch St. Moritz Marokkos betitelt. Und wirklich sehen die Häuser fast schweizerisch aus und die ganze Stadt ist mit ihrem schön angelegten Park und den gepflegten Strassen der Schweiz sehr ähnlich. Und hier ist auch jede Menge los! Zakarias sagte uns, dass die Marokkaner diese Woche Ferien haben. Die Stadt ist voller Menschen und Autos, es ist uns absolut unmöglich einen Parkplatz beim Einkaufszentrum zu finden. Wir halten in einer Nebenstrasse und sehen zwei Frauen mit Einkaufstüten auf uns zukommen. Wir fragen sie, wo sie eingekauft haben. Sie sagen, sie seien in einer anderen Stadt gewesen und verweisen uns auf’s Einkaufszentrum. Als wir ihnen sagen, dass wir dort nicht parkieren konnten, geben sie uns von ihren Mandarinen, die sie gekauft haben! So ausgehungert sehen wir nicht aus, aber die Marokkaner sind überaus freundlich und freigiebig.
Auf der Nebenstrasse nach Azrou stehen Autos am Strassenrand. Da muss irgend etwas los sein. Wir sehen Berberaffen auf einer Wiese. Auch wir halten an und bekommen von einem Mann Bananen, um die Affen zu füttern. Der Mann arbeitet mit Berberaffen und zieht deren Babies auf, wenn sie Waise sind. Ein kleines Äffchen nimmt eine Banane direkt aus Annettes Hand. Als wir abfahren wollen, kommt der Mann und möchte gerne Geld für die Bananen haben. Wir geben ihm 10 Dirham aber er ist nicht zufrieden damit und will noch mehr… sie nehmen auch gerne freizügig.
In Azrou kaufen wir bei Carrefour ein, geringfügig teurer als am Strassenrand, und wieder steht jemand beim Womo, der etwas möchte. Wir geben ihm von den Mandarinen, die wir geschenkt bekamen.
Wir finden einen schönen Platz im Nationalpark von Ifrane, beim Abenteuerpark von Azrou, auf einer Wiese beim Zedernwald. Hier kommen gleich vier sehr junge, herzige Hunde angerannt, von der Mutter gibt es keine Spur.
Annette probiert im Omnia einen Lime Pie zu machen, mal sehen, ob’s gelingt.
Freitag, 27.1.23 – Im Zedernwald Nationalpark
Als wir aufstehen, ist alles weiss! Es hat in der Nacht über 10 cm geschneit. Die jungen Hunde haben unter unserem Fahrzeug übernachtet und bekommen Fladenbrot zum Morgenessen.
Wir müssen uns etwas verschieben und fahren zum Hauptparkplatz, wo das Internet besser ist, da wir eine Onlinesitzung haben.
Heute Freitag haben die Marokkaner „Sonntag“ und es stehen bereits Männer mit farbig geschmückten Pferden auf dem Parkplatz und warten auf Kundschaft. Wir studieren die Wetterprognose und die weitere Route, die uns durch den mittleren Altlas auf über 2000 müM führen wird.
Wir fahren bei Nebel über die gute, geräumte Starsse, nur sehen wir nicht viel von der Landschaft. Auch den Vulkankegel, der oben einen schwarzen Rand haben soll, können wir nicht ausmachen. Bei starkem Wind und Schneeverwehungen kommen wir nach Timahdite. Von hier aus möchten wir über den Col du Zad über 2178 müM, bis nach Midelt, doch die „Barriere de Neige“ ist zu. Wir stehen also vor der geschlossenen Barriere, doch der Barrierenwärter lässt uns einfach stehen und geht in sein Häuschen. Erich muss aussteigen und nachfragen, wie lange die Barriere geschlossen bleibt. „19 heures peut être“. Heute geht sie sicher nicht mehr auf, aber wir könnten gleich hier bei der Tankstelle stehen bleiben und warten. Der Tankwart ist sehr freundlich, Marrokaner halt, und bietet uns sogar an, uns vorne im Dorf etwas zu holen, wenn wir etwas brauchen.
Erich befreit den Alkoven vom Schnee und wir stellen uns auf einen gemütlichen Nachmittag ein bis der Tankwart nochmals kommt und uns sagt, dass es noch einen anderen Weg nach Midelt gibt, der offen sei. Es könne sein, dass die Barriere auch morgen nicht aufgehe. Es könnten auch 2-3 Tag sein, peut être. Also beschliessen wir, den Umweg über Boulemane zu fahren. Hier hat es weniger Schnee und die Route führt über ein Hochplateau. Wir sehen immer wieder Reihen aus aufgeschichteten Steinen am Strassenrand, die mit Stroh und einer Blache zugedeckt sind. Auch können wir Zwiebeln unter dem Stroh ausmachen. Bei den Steinen handelt es sich überwiegend um Lavasteine, die sehr porös sind. Wir vermuten, dass dies eine Art der Lagerung für Zwiebeln ist, damit die Kälte hier oben ihnen nichts anhaben kann.
Erich sieht einen Wegweiser auf dem „Gite Gorges“ steht, also muss es hier irgendwo eine Schlucht geben. Wir folgen der Schotterstrasse und kommen zu einer Lehmsiedlung, die an einer Schlucht steht. Wir steigen bei beissendem Wind aus und kämpfen uns an den Rand der Schlucht vor. Unsere Anwesenheit ist logischerweise im Dorf nicht unbemerkt geblieben und es kommen zwei junge Männer auf uns zu und laden uns in die „Gite“ ein. Zuerst sagen wir ab, entschliessen uns dann aber doch zu gehen, nur ist plötzlich niemand mehr zu sehen. Wir klopfen an und werden von einem älteren Mann hereingebeten. Er führt uns in die Küche, wo es schön warm ist und offeriert uns Tee. In der Küche ist es schön warm, doch haben wir vergessen, unsere Wander-Winter-Schuhe auszuziehen, wie es hier üblich ist. Der Mann ist Berber und spricht Französisch aber trotzdem verstehen wir uns manchmal gegenseitig nicht. Die Frau hat den Tee gemacht, trinkt aber nicht mit uns. Es leben noch 65 Leute in diesem Dorf. Seine Kinder seien fortgezogen, er sei Bergführer aber im Moment kommen keine Touristen, es sei alles so teuer geworden, besonders der Diesel. Er zeigt uns sein ganzes Haus und begleitet uns dann zurück zum Womo. Annette fragt ihn, ob er Schweizer Schokolade kenne, er strahlt und sagt ja. Also wechselt eine Tafel Schokolade seinen Besitzer.
Nach Boulemane kommen wir durch eine interessante Steinwüste, die wir auf einer schnurgeraden, langen Strasse durchqueren: „Nach 80km beim nächsten Baum nach Osten abbiegen“. Apfelplantagen am Schluss unserer Fahrt runden die vielfältige Landschaft ab.
Wir finden einen Platz noch vor Midelt, essen zu Abend und zum Dessert gibt es Lime Pie, der sehr süss aber gut ist.
Reiseroute