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Türkei 8 - 1001 neue Eindrücke

EF • Mai 15, 2024

Kurz & bündig

  • Grosser Schwatz- und Waschtag
  • Im Zweistromland
  • Nette Begegnung und Gewitter
  • Am Kraterrand
  • Im Nemrut Gölü Krater
  • Am Van-See


Freitag, 10. Mai 2024 – Grosser Schwatz- und Waschtag

 

Heute ist Waschtag angesagt. Darum fahren wir vom Nemrut Dagi Berg früh auf den Stellplatz bei der Pension Nemrut in Karadut, wo wir uns in den Hof stellen können. Die Pension hat 12 Zimmer und wird von einem Koch und einem Hausangestellten betrieben. Der Chef ist gerade auswärts und wird von einem Bauern und Reiseleiter aus der Umgebung vertreten. Dieser spricht auch ein bisschen Deutsch und setzt sich zu uns zum Womo. Es stellt sich heraus, dass er uns gerne eine Reise zu den Ausgrabungsstätten von Göbekli Tepe, in der Nähe von Sanliurfa, angeboten hätte. Aber für diesen Teil der Türkei, der Nahe der syrischen und irakischen Grenze liegt, hat das Auswärtige Amt der Schweiz eine Reisewarnung herausgegeben. Unser Gesprächspartner, der Kurde ist, meint zwar, dass es kein Sicherheitsrisiko wäre. Wir wollen uns aber nicht darauf einlassen und lehnen dankend ab.

Im der Türkei leben 20 Millionen (von insgesamt 25 mio) Kurden, die ihre eigene Sprache sprechen aber kein eigenes Land haben. In der Schule müssen sie Türkisch sprechen.

In der Zwischenzeit wäscht der Hausangestellte in einer Gerümpelkammer mit zwei alten Waschmaschinen unsere Wäsche und Annette hängt sie an der Wäscheleine auf, die Erich von Baum zu Baum zu Womo gespannt hat, 20m dürften es wohl sein.

Zum Mittagessen lassen wir uns am Platz bekochen. Erich verbringt den Nachmittag mit Chillen und arbeiten und Annette besorgt die Wäsche, ein Fulltimejob. Gegen Abend kommen zwei Partien Niederländer, mit denen wir einen Schwatz abhalten.

Die Bewölkung nimmt immer mehr zu und wir nehmen die wenige Wäsche, die noch nicht trocken ist, vorsorglich schon mal ins Womo.

 

Samstag, 11. Mai 2024 – Im Zweistromland

 

In der Nacht gab es ein paar Regentropfen und auch am Morgen regnet es immer wieder. Nach dem Mittagessen verabschieden wir uns von den Niederländern und verlassen den Platz.

Heute ist hauptsächlich Fahren angesagt. Bis ins Tal geht es auf der Strasse, die mit Verbundsteine gebaut ist. Rund 7m breit und im total 25km Länge. Es dürften über 6 Mio Steine sein, die hier gelegt wurden. Dieselben türkischen Norm-Steine findet man vielerorts. Es geht weiter Richtung Osten. Wir überqueren den Euphrat, der 100km weiter südlich beim Atatürk Staudamm gestaut wird und bis hierher und noch weiter als Stausee lebt.

Das Südostanatolien-Projekt (GAP) ist das größte regionale Entwicklungsprojekt der Türkei. Es umfasst insgesamt 22 Staudämme, 19 Wasserkraftwerke und Bewässerungsanlagen entlang der beiden Flüsse Euphrat und Tigris. Die Idee zu diesem Projekt entstand ursprünglich bereits in den 1970er Jahren. Das Projekt soll das Wasser des Euphrat und Tigris zur wirtschaftlichen Nutzung erschließen. Diese beiden Flüsse stellen 28% des türkischen Wasserpotentials dar. Allein der Euphrat hat ein Einzugsgebiet von mehr als der doppelten Fläche der Schweiz, hautpsächlich gebirgig und im Winter mit viel Schneefall.

Wir nehmen eine Abkürzung auf einer unbefestigten Strasse und kommen durch überaus ärmliche Bauerndörfer mit vielen Kindern auf der Strasse. Irgendwie haben wir ein schlechtes Gewissen, mit unserem Fahrzeug hier durchzufahren.

Wir befinden uns an der Nordseite der fruchtbaren Ebene zwischen Euphrat und Tigris, dem nördlichen Mesopotamien. Überall sind kleine Schaf- und Kuhherden mit ihren Hirten. Auch auf den Feldern wird gearbeitet, trotz dem Regen.

Nach der holprigen Abkürzung ist die Strasse wieder gut und nach bald drei Stunden hört es auch auf zu regnen.

Wir jagen Baloo auf den Zülküf Dagi (Berg) auf 1490müM hoch, wo es einen Parkplatz hat für alle, die die Aussicht von hier oben bewundern oder in den Gebetsräumen beten möchten. Hier werden wir, hoffentlich ganz alleine, die Nacht verbringen und auf besseres Wetter hoffen.

 

Sonntag, 12. Mai 2024 – Nette Begegnung und Gewitter

 

Erich geht schon früh nach draussen, um die Morgenstimmung fotografisch festzuhalten, während Annette noch ihren Kaffee trinkt. Draussen sitzt bereits eine 8-köpfige Familie, die mit ihrem Fiat Panda hier oben angekommen ist, beim Picknick. Die Männer und die Frauen separat. Erich wird zu den Männern gewunken und bekommt von dem reichhaltigen Frühstück. Die Männer wollen wissen, ob er mit der Familie reist. Erich sagt, dass er seine Frau dabei habe. Sogleich werden zwei Teller gefüllt, die er der Frau bringen solle. Als er zurückkommt, ist das Tuch am Boden bereits geleert und zusammengerollt, das Essen ist beendet und so fehlt euch nun das Foto von dieser herzlichen Männerrunde.

Annette kommt sich mit Schweizer „Guetzli“ bei den Frauen bedanken und alle wollen Fotos mit uns machen und dass Erich sie mit seiner Kamera ablichtet und ihnen dann die Fotos per e-mail sendet. Obwohl hier alle ein Handy haben, sind Fotografien mit einer Kamera etwas besonderes, das haben wir auch in Marokko festgestellt.

Wir zeigen der Familie unseren Baloo und dann verabschieden sie sich sehr herzlich von uns, wie gute alte Freunde. Das war ein ganz besonderes Erlebnis für uns!

Im Womo essen wir ihre selbst gemachten Dolmades (mit Reis gefüllte Weinblätter) und das mit Käse und Kräutern gefüllte Blätterteig- und Hefeteiggebäck. Alles sehr fein!

Wir gehen auf den Holzstegen noch bis zum Gipfel des Berges hoch und geniessen die Aussicht auf die Stadt Ergani und die Ebene.

Dann brechen auch wir auf. Um die grosse Stadt zu umfahren, hat Erich für Annette eine andere Route herausgesucht. Diese führt uns zuerst durch enge Nebenquartiere, dann sollte es auf eine grössere Strasse gehen, das ist aber ein riesiger Stau. Daher fahren wir auf der Schotterpiste weiter und merken, dass die ganze Stadt beim Friedhof gewesen sein muss. Die Piste führt uns auf sehr schlechten, holprigen und zum Teil schlammigen engen Strassen durch kleine Bauerndörfer. Für 15 Kilometer brauchen wir eine Stunde, bis wir wieder auf einer geteerten Strasse sind. Diese Route war nicht unbedingt nervenschonender, aber cooler und eindrücklich!

Das Wetter wird wieder nasser und wir fahren weiter Richtung Van See. Wir befinden uns etwa 160 km von der Syrischen Grenze entfernt, was wir durch vermehrte Verkehrskontrollen und erhöhte Militärpräsenz merken. Auch wir werden bei einer Verkehrskontrolle angehalten aber nur für einen „Schwatz“. Die Polizisten wollen wissen, woher wir kommen und einer sagt uns, dass seine Familie in St. Gallen lebt. Die Familien hier sind sehr gross und so wissen wir nicht wirklich, wer von der Familie dort lebt.

Da in dieser Gegend keine Übernachtungsplätze in den Apps zu finden sind, fahren wir in Kulp an den Strassenrand, um auf der Karte eine Übernachtungsmöglichkeit zu suchen. Eine junge Frau möchte wissen, was wir suchen. Mittels Übersetzungsapp sagen wir ihr, dass wir einen Platz zum Schlafen suchen. Zuerst meint sie, wir suchen ein Zimmer aber als wir ihr sagen, dass wir im Auto schlafen, schreibt sie uns einen Platz in etwa 2 Kilometer Entfernung auf. Dieser liegt aber in der Stadt und so fahren wir daran vorbei.

Bei einer Kreuzung hat es wieder einen bewaffneten Verkehrsposten und wir fragen dort, ob wir auf dem Kiesplatz ein paar Meter weiter am Fluss Kulp übernachten dürfen. Sie erlauben es uns und wir sind dankbar, dass wir für diese Nacht einen Platz haben, auch wenn er direkt an der Strasse liegt.

Am Abend beginnt es zu gewittern und der Regen verwandelt sich in Hagel. Das ist im Innern von Baloo nicht schön anzuhören. Als alles vorbei ist, können wir feststellen, dass die Körner zu klein waren, um auf unserem Aludach Schäden anzurichten.

 

Montag, 13. Mai 2024 – Am Kraterrand

 

Wir haben gut geschlafen auf dem Kiesplatz direkt an der Hauptstrasse. Autos und Lastwagen fahren hier spärlich, nachts war gar nichts. Wie schon erwähnt, war der Kiesplatz nichts Besonderes. Da wir jeweils ein Foto vom Übernachtungsplatz machen, stellt sich hier die Frage, welche Wahrheit wir zeigen sollen. Diejenige mit der Hauptstrasse, oder diejenige mit dem Betonwerk ennet dem Fluss und diversem Abfall oder die mit dem meisten Grün drauf?

Da für heute Regenwetter angesagt ist, fahren wir schon früh los. Mit dieser Front im Rücken fahren wir durch eine schöne Schlucht. Auf diesen 30km kommen uns gerade mal eine Handvoll Autos entgegen. Auf knapp 2000müM kommen wir an einem Militärposten vorbei, wo wir erstmals unsere Pässe zeigen müssen, und unsere Autonummer registriert wird. Diese wird übrigens auch beim Tanken jedesmal eingegeben und es gibt unzählige Kameras über den Strassen, wo das Fahrzeug aufgenommen wird und das Nummernschild erkannt wird. Man weiss also immer, wo wir gerade sind. Nach Mus haben wir wieder eine Schnellstrasse, die uns zügig vorwärts bringt. Nach einem Mittagshalt und einem Gemüseeinkauf kommen wir am frühen Nachmittag am Vansee an. Von Tatvan aus fahren wir auf den Vulkankrater Nemrut Dagi Gölü an den Kraterrand. Dort treffen wir auf Einheimische, die uns mit Handschlag begrüssen und einer möchte gerne Erich’s Handynummer. Es geht keine zehn Minuten, bis Erich von Ismail eine Nachricht erhält. Er heisst uns nochmals in der Türkei willkommen und gibt uns ein paar Tipps, was wir anschauen könnten.

Der Kraterrand befindet sich auf 2530müM. Von unserem Platz aus können wir sowohl auf den Kratersee als auch auf den Vansee blicken.

Es zieht wieder ein Gewitter auf, ebenfalls mit Hagel, der später in Schnee übergeht. Wir sind gespannt, wie die Umgebung um unser Womo morgen aussieht.



Dienstag, 14. Mai 2024 – Im Nemrut Gölü Krater

 

Es ist alles weiss. Es hat über Nacht etwa 10cm Neuschnee gegeben. Wir warten bis zum Mittag, bis der Schnee auf der Strasse geschmolzen ist. Es ziehen immer wieder Wolkenfelder auf. Bei einem wolkenfreien Fenster starten wir, um in den Krater hinunterzufahren. Es liegt zum Teil noch Schnee, der sich bis über zwei Meter hoch türmt. Unten im Krater angekommen ist es wieder bewölkt und fängt an zu regnen. Wir fahren am kleineren, grünen Kratersee vorbei, der heisse Quellen hat und bei dem im Sommer ein einfaches Teehaus betrieben wird. Wir sehen die Hütte und können sogar eine Person ausmachen, die uns winkt. Wir wollen aber zuerst an den grösseren, blauen Kratersee fahren. Als wir dort ankommen, giesst es in Strömen, sodass wir nur kurz aussteigen und ein paar Fotos machen.

Auf der Rückfahrt biegen wir beim Teehaus ab und werden von dessen Betreiber begrüsst. Da es sehr kalt ist, bittet er uns ins sein geheiztes, privates Zimmer. Wir waren noch nie in einer solch einfachen und ärmlichen Behausung. Es ist stockdunkel, die einzige Lampe geht immer wieder aus, da die Sonne nicht scheint und das Photovoltaik-Panel zu wenig Spannung abgibt. Es tropft von der Decke. Wir dürfen auf sein Bett sitzen, dort tropft es nicht und er offeriert uns Cay, der wie überall bereits auf dem Ofen, der auch den Raum wärmt, bereitsteht. Er spricht etwas Englisch und sagt uns, dass er sechs Monate hier wohne, die anderen sechs Monate im Jahr in der Stadt Tetvan. Sein Vater hat vor vierzig Jahren mit ihm diese Hütte gebaut und jetzt komme er während des Sommers hierher. Es gäbe sieben Bären hier, die seine Freunde seien und gegen Abend jeweils umherziehen.

Als wir den Cay bezahlen wollen, winkt er ab und sagt, es sei ein „Präsent“. Er freut sich aber doch über die Schoggistängel, die wir ihm hierlassen.

Unterdessen schaut die Sonne hervor und wir fahren nochmals an den blauen See. Bei Sonnenschein sieht alles gleich anders aus.

Wir wollen den Krater auf einer anderen Route verlassen, die nach Ahlat Führt. Diese Strasse ist geschottert, sieht aber auf den ersten Blick gut aus. Von der Schneeschmelze und dem Niederschlag in letzter Zeit, gibt es ein paar ausgewaschene Stellen, die Baloo und Erich aber gut meistern. Dann erhöht sich der Schwierigkeitsgrad und die Strasse ist zum Teil weggebrochen oder unterspült. Auch das meistert das eingespielte Duo. Als wir oben am Kraterrand sind, atmen wir auf. Jetzt geht es hinunter nach Ahlat

Zuerst klappt alles gut, bis ein paar enge Kurven kommen, wo sich Schneeverwehungen angesammelt haben und über der Strasse liegen. Der noch freie Teil der Strasse ist entweder weggerutscht oder unterspült. Hier gibt es nur ein Durchkommen, wenn der Schnee weggeschaufelt wird. Erich fängt schon einmal damit an, während Annette zu Fuss die nächsten Kurven inspizieren geht. Bei den nächsten fünf Kurven, bietet sich ihr dreimal dasselbe Bild. Auch hier müsste einige Stunden geschaufelt werden!

Schweren Herzens machen wir kehrt und fahren wieder in den Krater zurück, schaufeln an ein paar Stellen, um die Durchfahrt etwas sicherer zu machen und kommen schlussendlich wieder an unserem Ausgangspunkt an.

Wir fahren den Nemrut Dagi hinunter, bis unter die Nebelgrenze und übernachten mit Blick auf Tatvan. Auch hier fallen am Abend wieder Schneeflocken.

 

Mittwoch, 15. Mai 2024 – Am Van-See

 

Der Vansee ist der grösste See in der Türkei, etwa siebenmal so gross wie der Bodensee. Da er keinen Abfluss hat, ist sein Wasser natronhaltig, was es seifig werden lässt.

Wir fahren durch Tatvan hindurch und an der Südseite des See’s entlang auf eine kleine Halbinsel, wo wir mutterseelenallein, mit einem Schäfer und seinen Schafen auf einer Wiese am See stehen. Und tatsächlich, das Seewasser fühlt sich sehr seidig und seifig an! Auch nach mehrmaligem Waschen spürt man die Seife noch. Da braucht man kein Waschmittel mehr.

Wir sitzen draussen, denn die Sonne zeigt sich wieder und essen hier zu Mittag.

Danach fahren wir mit einem Boot zur Inselkirche Akdamar auf der die armenische Heiligkreuzkirche aus den Jahren 915-921 steht. Ihre Besonderheit sind die Reliefs an der Aussenseite, die verschiedene biblische Szenen und Personen darstellen. Im Innern finden wir Wandmalereien, die zum Teil schon sehr verblasst sind.

Ausserdem wird die Insel von Hunderten, wenn nicht gar Tausenden von Möven bewohnt und auch Hasen hoppeln an uns vorbei, während wir zur Aussichtsterrasse schlendern.

Wir haben die Insel bald gesehen und fahren mit dem Boot zurück aufs Festland.

Da es bereits Abend ist, fahren wir nur noch bis zur nächsten Landzunge und finden dort am See ein passendes Plätzchen für die Nacht.

 


Reiseroute

Reiseroute

von EF 26 Okt., 2024
Am Morgen beginnt es stark zu regnen. Der Regen mischt sich zwischendurch mit Hagelkörnern. Wir hoffen, dass diese nicht grösser werden und Spuren auf Baloo’s Dach hinterlassen. Um uns herum bilden sich Pfützen in der Wiese.
von EF 19 Okt., 2024
Wir packen zusammen. Das Wetter macht uns den Abschied vom Meer einfach, es regnet leicht. Wir lassen Luft aus den Reifen (von 4.8 auf 2.5 bar) ab, damit wir besser durch die Unterführung kommen.
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